Brustkrebs und Zhanzhuang

Brustkrebs wird in der Traditionellen Chinesische Medizin als Milchstein (Lu Yan) bezeichnet. Die Ärzte des alten China waren der Meinung, dass Brustkrebs oftmals durch eine Stagnation des Leber-Qi hervorgerufen wird, wobei über einen längeren Zeitraum sowohl das Blut als auch das Qi stagnieren. Dies führt wiederum zu einer steigenden Hitze im Körper wodurch sich das sogenannte Yin-Gift ausbreiten kann. Aus diesem Grund ist eine der wichtigsten Behandlungsmethoden von Brustkrebs in der Traditionellen Chinesische Medizin das Entgiften. Nach der Entgiftung ist es von großer Bedeutung das Haupt-Qi (Zheng-Qi) sowie das Abwehr-Qi (Wei-Qi) wieder zu stärken.

 

Eine 2013 veröffentlichte Studie aus der chinesischen Hauptstadt Beijing besagt, dass in den letzten 10 Jahren die Rate der Brustkrebs-Patienten durchschnittlich um 6,8% jährlich zugenommen hat, was die Bedeutung sich mit dieser Thematik zu beschäftigen, verdeutlicht. Die Heilungsmethoden der Chinesischen Medizin gegen Brustkrebs werden in China gleichzeitig als Unterstützung zu schulmedizinischen Behandlungen, wie beispielsweise Operationen und/oder Chemo- und Strahlentherapie, eingesetzt. Die Praxis hat verdeutlicht, dass durch den gleichzeitigen Einsatz der TCM das Immunsystem wesentlich verbessert werden kann. Außerdem sinken in den meisten Fällen die, von der schulmedizinischen Behandlung ausgelösten, Nebenwirkungen bzw. die Reaktionen des Körpers darauf. In der Regel beginnt man bei Brustkrebs nach einer Operation mit der Chemotherapie. Diese Behandlung ist für den Körper sehr schwer und kann unter anderem das Knochenmark, die Schleimhaut von Magen und Darm, Leber, Nieren, usw. schädigen. Nach Sicht der TCM wird also durch die Chemotherapie das Yin-Qi stark geschädigt, wodurch wiederum die sogenannten fünf Organe geschwächt werden. So kann eine Kombination aus schulmedizinischen Behandlungen und unterstützenden Heilmethoden aus der TCM den Erfolg einer Therapie bei Brustkrebs wesentlich steigern.

 

Seit über 10 Jahren kommen eine Reihe von Frauen mit Brustkrebs durch die Empfehlung von Ärzten in meine Schule um die laufenden Behandlungen mit Hilfe des Qigong zu unterstützen. In der Regel trainieren ich zum größten Teil die Übungen des Zhanzhuang. Auch wenn die Übungen zu Beginn meist sehr anstrengend sind, hat sich gezeigt, dass die Wirkung der Behandlungen deutlich verbessert werden kann. Unter anderem werden die Patienten durch einen Austausch mit anderen Betroffenen motiviert täglich zu trainieren. Durchschnittlich dauert es 2-3 Wochen bis das Training wesentlich leichter fällt. Spüren die Patienten einmal die positive Wirkung der Zhanzhuang Übungen, trainieren sie meist freiwillig und fleissig.

 

Zhanzhuang wird im Westen als „Stehen wie ein Baum“ übersetzt und ist eine der Hauptmethoden der Heil- und Kampfkunst Yiquan. Diese im Westen noch relativ unbekannte traditionelle Heil- und Kampfkunst beinhaltet eine Reihe von Elemente aus Qigong, Taiji und den inneren Kampfkünsten. Das Wort Yiquan (auf Deutsch i‘tschüan gesprochen) enthält den Begriff Yi, die Vorstellungskraft, und Quan, was wörtlich Faust bedeutet, hier aber als die Kunst eines Systems verstanden wird.

 

In den 1970er Jahren versuchte Professor Yu Yongnian Yiquan und dabei besonders die Wirkung des Zhanzhuang wissenschaftlich zu erforschen. Damals musste man ohne viele Geräte auskommen und es konnten nur einfache Methoden verwendet werden. So analysierte man beispielsweise den Puls, die Atmung und das Blutbild der Patienten. Eine Besonderheit, die Professor Yu Yongnian herausfinden konnte, ist, dass sich schon nach 40 Minuten Training der Zhanzhuang-Übungen vor allem drei Werte im Blutbild deutlich vermehren:

Hämoglobin:     1.5 – 3.2 g/dl

Leukozyten:     400 – 600

Erythrozyten:     210,000 – 590,000

 

 

Auch einige meiner Kursteilnehmerinnen bestätigten die Erkenntnisse von Professor Yu Yongnian, was bei mir zu einem sogenannten AHA-Erlebnis führte. Denn durch das regelmäßige Zhanzhuang-Training weisen sie verhältnismäßig gute Werte der Leukozyten auf. An dieser Stelle möchte ich kurz zwei Beispiele von Schülerinnen anführen: Christine aus Österreich hat Brustkrebs und befindet sich mitten in der Chemotherapie. So war der gesamte Körper geschwächt und nur ca. 900 Leukozyten je Mikroliter Blut vorhanden. Deshalb gaben die Ärzte Medikament zur Erhöhung dieser, was jedoch nicht die gewünschte Wirkung hatte. Daher musste sie damals die nächste Behandlung abwarten bis die Leukozyten-Werte wieder steigen. Ich habe Christine empfohlen Zhanzhuang zu trainieren – täglich 4mal zu je 15 Minuten. Nach nur zwei Wochen Training sind die Werte der Leukozyten überraschend auf 7200 gestiegen.

Eine meiner älteren Schwestern bekam vor einigen Jahren die Diagnose Brustkrebs. Ich habe versucht sie durch verschiedene mir bekannte Beispiele zum Training zu motivieren, doch ihr Interesse war eher mäßig. Erst als auch sie während der Chemotherapie niedrige Leukozyten-Werte bekommen hatte, konnte ich sie dazu überreden die Methode einfach einmal auszuprobieren. Meine Schwester hat, trotz ihrem Zweifel auf Erfolg, 2mal täglich 30 Minuten Zhanzhuang geübt und die Werte stiegen schon nach 5 Tagen von 1200 auf 5400.

 

 

Praxisübung

Hier möchte ich eine einfach Übung zeigen.

 

Chengbao Zhuang – die Grundposition (Foto – Chengbao Zhaung)

Die beiden Hände befinden sich vor der Brust und die Arme sind zu einem Halbkreis gebogen; die Handfl ächen zeigen zum Körper und der Abstand zwischen beiden Händen beträgt 2 bis 3 Faustbreiten, die Finger zeigen zueinander.

Wir atmen natürlich.

Der Blick ist geradeaus gerichtet.

Wir stellen uns vor, wir halten einen Papierball oder aufgeblasenen Wasserball vor unserer Brust. Wir spüren in unserer Vorstellung den Ballkontakt mit der Brust, dem Bauch, den Innenseiten der Arme, den Fingern und den Handflächen. Zwischen den Fingern befinden sich imaginäre Baumwoll- oder Wattebällchen, welche die leichte entspannte Spreizung unserer Finger unterstütz en. Wenn man den Ball zu stark hält oder gar drückt, wird er platz en; im Gegenteil fällt der Ball nach unten oder würde wegfliegen, wenn man ihn zu leicht drückt.

Dabei müssen wir besonders darauf achten, uns die Bewegungen (z. B. den Ball zu halten bzw. leicht zusammenzudrücken usw.) nur vorzustellen, statt uns wirklich körperlich zu bewegen. Dieses Prinzip ist enorm wichtig und gilt im Folgenden für alle Zhang-Zhuang-Übungen. Der Körper bleibt idealerweise bei dieser Übung vollkommen entspannt,

  1. h., der Ball wird nicht aktiv mit reiner Muskelkraft

gehalten, sondern lediglich mit der (gedanklichen) Kraft in

unserer Vorstellung. Ist der Körper bei den Zhang-Zhuang Übungen nicht entspannt, wird während der geistigen

Übung eine Spannung in den Muskeln aufgebaut. Stellt man

sich bspw. vor, man drücke den imaginären Ball zusammen,

entsteht besonders am Anfang des Yiquan-Trainings beinahe

zwangsläufig eine korrespondierende Kontraktion der für

diese Bewegung zuständigen Muskeln. Es gilt bei sämtlichen

Zhang-Zhuang-Übungen, darauf hinzuarbeiten, den Entspannungszustand

kontinuierlich zu erhöhen. Nur dann können

wir „Song“ meistern.

Variante 1: Wasserwelle-Spielen

Wir befinden uns in einer wunderschönen Umgebung, wo

wir Urlaub und Entspannung suchen. Wir genießen dabei die

schöne Landschaft um uns herum, riechen die frische Luft

und hören die Geräusche des Windes, von Brandungswellen,

Vogelgesang etc. Wir stehen ungefähr brusttief im Wasser,

wie ein Riese in einem Fluss oder im Meer. Der Kopf hat

Kontakt mit dem Himmel, als wäre er an einem silbernen

Faden aufgehängt, der bis in den Himmel reicht. Wir stehen

fest auf dem Grund, unser Körper wird von den Strömungen

des Wassers sanft hin- und hergeschaukelt, als würde er im

Wasser schweben.

Allmählich bekommen wir ein Gefühl für das Wasser um uns

herum, wir spüren es am ganzen Körper. Eine Wasserwelle

kommt von vorne auf uns zu, wir verlagern unseren Körper

leicht nach vorne, gegen den Widerstand und die sanfte

Kraft der Wasserwelle. Dabei sollten wir den Widerstand des

Wassers auf dem gesamten vorderen Körperteil (also auf Brust,

Bauch, Ober- und Unterschenkel) spüren; die Fersen bleiben

klebend auf dem Boden, damit wir nicht von der Wasserwelle umgespült werden. Mühelos halten wir die Balance, während

uns das Wasser umspült. Nun kommt die Wasserwelle von

hinten zu uns, wir verlagern unseren Körper leicht nach

hinten, dabei sollten wir den Widerstand des Wassers auf

dem gesamten hinteren Körperteil (d. h. sowohl auf Rücken,

Kreuz, Ober- und Unterschenkel) spüren; die Zehen krallen

sich in unserer Vorstellung leicht in den Boden, damit uns

die Welle nicht von hinten wegspült. Auch hier halten wir

mühelos die Balance, gegen den sanften Druck des Wassers.

Variante 2: Wind-Spielen

In unserer Vorstellung stehen wir auf einem Boot, die Sonne

scheint, wir fühlen ihre angenehme Wärme und das Boot

fährt langsam der Abendsonne entgegen. Der (Fahrt-)Wind

küsst von vorne unseren Körper und streichelt ihn sanft.

Die Vorstellung ist dabei ähnlich wie beim Spielen mit der

Wasserwelle. Das Boot schaukelt gemächlich auf dem Wasser

hin und her. In unserer Vorstellung spüren wir deutlich dieses

sanfte Schaukeln der Wellen unter uns.

Variante 3: Mit dem Wasserball spielen

Wir stehen wieder wie ein Riese brusttief im Wasser, z. B. im

Fluss oder im Meer. Wir stellen wieder den Kontakt zwischen

unserem Kopf und dem Himmel über uns her. Wir werden

im Wasser sanft hin- und her geschaukelt, als würden wir

schweben. In unserer Vorstellung halten wir vor unserer Brust

einen kleinen Wasserball und drücken diesen behutsam mit

Hilfe unseres ganzen Körpers gegen die Strömung des Wassers.

Dabei verlagern wir das Gewicht unseres Körpers leicht nach

vorne. Gleichzeitig bewegen sich in unserer Vorstellung mit der Verlagerung des Körpergewichtes die Arme und der

gehaltene Wasserball ebenfalls nach vorne. Wir drücken den

Ball leicht zusammen und stellen uns vor, wir müssten gegen

den Auftrieb des Balles an die Wasseroberfläche arbeiten

und diesen beim Nach-vorne-Schieben gleichzeitig nach

unten drücken. Wir arbeiten also mit drei Kraftrichtungen

gleichzeitig: Wir drücken nach vorne, nach unten und nach

innen. Zusätzlich stellen wir uns vor, zwischen unseren Knien

befände sich eine Feder, die wir bei der Vorwärtsbewegung

leicht zusammendrücken. Zur Abwechslung stellen wir uns

nun eine von hinten kommende Wasserströmung vor. Analog

zur Vorwärtsbewegung verlagern wir unseren Körper leicht

nach hinten. Die Arme bewegen sich nun mit dem Wasserball

ebenfalls nach hinten gegen die Strömung. Gleichzeitig stellen

wir uns vor, der Wasserball würde sich leicht ausdehnen und

wir wollten ihn aus dem Wasser heben. Wir spüren demnach

wieder drei Kraftrichtungen: nach hinten, nach oben und nach

außen. Gleichzeitig ziehen wir die Feder zwischen unseren

Knien auseinander.

Wir sollten jedoch nur mit der Vorstellung üben, statt dass

wir uns in der Tat körperlich bewegen oder gar unsere Muskeln

anspannen. „Mit der Vorstellung, ohne Kraft“ ist das

Übungsmotto. Die Struktur des Körpers (Becken sinken lassen,

Wirbelsäule aufrecht, Kopf hängt an einem Faden, Kinn leicht

anziehen) wird dabei ständig beibehalten. Auf diese Weise

und mit der Vorstellung des Wasserwiderstandes stellen wir

eine innere Verbindung zwischen verschiedenen Regionen

des Körpers her. Wir entwickeln bestimmte Kraftlinien in

unserem Körper und lernen wieder sanft, uns als eine Einheit

zu bewegen.

 

Buch-Tipp:

Yiquan – der Weg zur Gesundheit

so trainieren Sie Körper und Geist

Verlagshaus der Ärzte

Buch mit DVD: ISBN 978-3-902552-57-0

 

 

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